Cabo de la Vela

18. - 21. Dezember 2012

Um 8:00 Uhr morgens sollte es heute eigentlich losgehen. Da die leckeren Sandwiches im "Los baguettes de Maria" so ihre Zeit brauchen, ist es halt 8:45 Uhr als wir mit dem Taxi in Richtung Santa Marta aufbrechen. Am dortigen Busterminal erwischen wir gerade noch rechzeitig den von Willi reservierten Bus. Ufff! Was für ein Stress!
Unterwegs stellen wir fest, dass zunehmend Kakteen zu sehen sind und das Grün immer weniger und weniger wird. So wissen wir zumindest, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es geht ja schliesslich in die Wüste.
Das letzte Stück zwischen Uribia und Cabo de la Vela verbringen wir in einem kleinen Colectivo. Ein in ein Taxi umfunktionierter Jeep. Das ist auch nötig, denn dieser Abschnitt ist ungeteert und hat tiefe Gräben. Allerdings hält dies unseren Fahrer nicht davon ab, sich zu betrinken. Als im der Biervorrat ausgeht, hält er einfach an und kauft sich ein paar Neue. Willi beruhigt uns allerdings sogleich und erklärt, dass dies in dieser Gegend normal sei. So normal, wie der maskierte, bewaffnete Guerilla, welcher wie üblich den Wegzoll einkassiert. In Cabo de la Vela angekommen, werden wir von Gladis, unserer Gastgeberin für die nächsten Tage, herzlichst empfangen. Gladis gehört dem Rat der Wayüü (ausschliesslich von Frauen geführt) an  und ist im Dorf eine angesehene Persönlichkeit. Die Unterkunft besteht aus Kakteenholz und liegt direkt am Strand. Als Schlafplatz kann zwischen Hängematte und Einzelbett gewählt werden. Während Maria etwas gewagter die Hängematte bevorzugt, wählt Pädi für heute das etwas weniger risikohafte Bett. Na dann....gute Nacht!

Der erste Erkundungstag führt uns zuerst zum heiligen Berg der Wayüü - dem Cerro de Kamachi. Bei der Ankunft auf dem Gipfel des 60 m hohen Berges bleibt uns der Atem wegg. Nicht nur wegen dem kurzen aber intensiven Aufstieg, sondern ab der absolut fantastischen Aussicht. Nach ein paar Minuten Staunen und Geniessen setzen wir unsere Wanderung Richtung "Wasserloch" fort. Vorbei an unzähligen verschiedenen Tierkadavern und Muscheln erreichen wir einen Felsen, der so löchrig wie ein Schweizer Käse ist. Vom Druck der heranpeitschenden Wellen spritzt das Meereswasser wie lauter kleine Geysire aus den Felslöchern. Fasziniert schauen wir dem Geschehen eine weile zu, bevor wir uns auf den Rückweg begeben. Plötzlich und völlig unerwartet kommt Leben in die leblos wirkende Wüste. Eine 1.5 m lange, graue Schlange schlängelt sich mit einer unheimlichen Geschwindigkeit durch den heissen Wüstensand und stoppt, als unser Willi, wie ein begeistertes Kleinkind, auf die Schlange zustürmt. Erst als Willi den von der Schlange verlangten Sicherheitsabstand einhaltet, setzt sie ihre Reise fort. Wow! Welch Eleganz! Nach einem letzten Zwischenhalt beim Strand neben dem Cerro de Kamachi und baden im wunderbar kühlen, türkisblauen Wasser, kehren wir zum Basislager zurück.

Erkundungstag zwei startet, aufgrund des fehlenden Schattens am Zielort, etwas später als am Vortag. Willi will mit uns die andere Seite von Cabo de la Vela erkunden. Vorbei an von Haien abgeknabberten, riesigen Stachelrochen laufen wir über den Friedhof von Cabo de la Vela (einem Hügel mit einem riesigen Kreuz auf dem Gipfel) bis zu einem kleinen Schildkrötenfriedhof. Dort bestaunen wir eine mumifizierte Leather-Back-Schildkröte, die grösste Meeresschildkröte der Welt. Weiter geht es hoch zum Leuchtturm, wo wir ein wenig die fantastische Aussicht geniessen und uns verpflegen. Satt und voller Energie geht es runter zum menschenleeren Strand, unserem Zielort, welcher mittlerweile einen Schattenplatz zum ausbreiten bietet. Am Strand erklärt uns Willi, dass vom Hügel (rechts des Strandes) die Seelen der toten Wayüü zu den Sternen aufsteigen und aus der Höhle (links des Strandes) pro Welle eine Seele ins Meer geht.
Zurück bei Gladis, geniessen wir unseren letzten Abend mit einem von Venezuela geschmuggelten Bier bei wunderschönem Sonnenuntergang. Passend zur Umgebung heisst das Bier Polar und hat einen Eisbären als Logo. Lustig...nicht wahr?

Die Rückreise ist schnell erzählt. Bei wunderschönem Sonnenaufgang geht es auf die selbe Art los, als wie wir angereist sind. Nur in umgekehrter Reihenfolge und einem 30-minütigem Stopp, weil der Busfahrer und seine Helfer extremen Hunger haben. Dieser Zwischenstopp bringt Willi dermassen in Aufregung, dass wir kurzerhand ein Gewitter auf spanisch mit brutal deutschem Akzent erleben. Donnerwetter! Da ging das "Pollo" aber richtig ab!

Zur Information:
Cabo de la Vela ist ein kleines aber schmuckes Dörfchen mit 1500 Einwohnern (unsere Schätzung nach maximal 300) und darunter der Anführer der dortigen Guerilla-Truppe. Die Guerilla benuzt die Guajira-Wüste, gemäss Willi, als Rückzugsgebiet und besteht aus 30'000 Kämpfern (darunter 5'000 Kindersoldaten) und rund 30'000 Sympathisanten aus der Regierung und der zivilen Bevölkerung. Sie kämpfen gegen das Paramilitär, welches, von der Regierung beauftragt, periodische Säuberungen durchführt. "Für die Touristen ist die Guerilla mittlerweile nicht mehr gefährlich. Das Paramilitär hingegen schon." lässt uns Willi wissen.
Die restlichen Einwohner von Cabo de la Vela sind Wayüü. Das Wayüü-Volk, welches 1.4 Millionen Menschen umfasst, hat seine eigene Sprache und ist vom Staat unabhängig. Um unabhängig zu bleiben, produzieren sie bei Bedarf (mit Hilfe von Generatoren) ihren eigenen Strom. Die von der Regierung Kolumbiens gezogenen Stromleitungen bleiben somit ungenutzt und verunstalten lediglich das wunderschöne Dörfchen. Ausserdem haben sie ihre eigenen Gesetze, welche als Bestrafung von Stockhieben bis zum Tod durch Steinigung vorsehen. Der Tod durch Steinigung wurde jedoch schon sehr lange nicht mehr ausgesprochen. Des Weiteren haben sie einen eigene Glauben. Da sie in der Wüste leben, ist das Leben dort sehr hart und wird als Hölle angeschaut. Völlig entgegen den uns bekannten Religionen ist demnach die Geburt ein Fluch und der Tod ein Segen. Ach...und noch etwas. Alles was man in den Läden kaufen kann, ist Schmuggelware aus Venezuela. Tankstellen gibt es Beispielsweise keine. Das Benzin kauft man in PET-Flaschen. Diese sind jedoch an jeder Ecke supergünstig erhältlich. Frisch aus Venezuela geschmuggelt, versteht sich!