Catarina

7. - 11. Oktober 2012

In Catarina angekommen, erwartet mich eine unbeschreiblich herzliche Familie. Mit den zwei Schwestern von Carlos verstehe ich michauf Anhieb prächtig und die Mutter kocht schon ein leckeres Nachtessen. Der Vater grüsst freundlich, bleibt aber lieber auf dem Stuhl sitzen. Im Verlaufe der Tage entdecke ich in ihm eine ruhige, aber unheimlich interessante Person. Während ich mit den Frauen mehr witzle und über Gott und die Welt rede, erzählt er mir über Geschichtliches und über Guatemala zu seiner Jugendzeit. Guatemala... ein Pulverfass... Momentan scheint die Lage etwas entspannter als früher, was jederzeit ändern könnte. Wer an der Macht sitzt, interessiert sich mehr für die (eigenen) finanziellen Themen, weniger für das Volk. Der amtierende Präsident soll als Major in den 1980er Jahren in der Quiché Provinz eine Einheit geführt haben, die für mehrere Massaker verantwortlich sei. Natürlich streitet er dies ab. Gleichzeitig soll er sich für die Erhaltung der Demokratie eingesetzt haben und so wieder Pluspunkte gesammelt haben. Was nun wohl genau stimmt? Dass die indigene Bevölkerung (ca. 60%!) unter hohem Druck steht, kaum Aufstiegsmöglichkeiten besitzt und dass rund 50% der Guatemalteken Analphabeten sind, ist eine Tatsache.

 

Der Tag nach Ankunft in Catarina ist Strandtag. Obwohl leider nicht ganz so vielversprechend, wie es klingt. Der Puerto Ocós ist mehr ein Fischerdorf als eine touristische Attraktion, zumindest in der Nebensaison. Der Strand ist voller Abfall, Meeresalgen und Schwemmholz. Gemäss Carlos muss hier ein Sturm gewütet haben, früher habe es hier nicht so ausgesehen! Von Braunbräteln kann heute nicht die Rede sein, ausserdem tümmeln sich am Horizont ein paar dunkle Wolken. Dennoch ist die Stimmung fabelhaft, die Sonne dringt druch die Wolken und lässt das Meer in silbernem Schein erstrahlen. Hie und da läuft ein Fischertrio an uns vorbei. An einem Seil ziehen sie das Netz dem Ufer entlang. Während einer zieht, sammelt und gibt der andere Seil nach und der dritte kontrolliert, dass das es nirgends festklemmt.

Kurz vor Dämmerung machen wir uns wieder auf den Heimweg und begegnen den Feierabend machenden Fischern. Erniedrigend, dass nur ein Trio nach einem harten Arbeitstag (2!) Fische aus dem Wasser holen konnte. Die andern gingen völlig leer aus...

In Tecun Uman knurren unsere Magen. Stolz lädt mich Carlos ins guatemaltekische "Pollo Campero" zum Nachtessen ein. Natürlich wage ich seine Freude nicht zu trüben und behalte für mich, dass die Pollo Campero Kette auch in Costa Rica weit verbreitet ist... Zurück in Catarina werde ich von seinem Onkel und seiner Tante fürstlich bekocht. Die Touristin muss wissen, was gutes Essen ist! Huff... Kurz vorm Platzen kann ich die anderen schliesslich überzeugen, auch von dem "wunderbaren Essen" zu kosten. Heute falle ich definitiv kugelrund und obersatt ins Traumland.

 

Der letzte volle Tag im nördlichen Guatemala verbringen wir einem atemberaubenden Wasserfall. Am Ende der sehr holprigen und mit unzähligen Schlaglöchern und Unebenheiten übersähten Strasse türmt sich die Rückseite des Vulkans Tajumulco. Erst jetzt wird mir bewusst, wie hoch oben wir uns vor ein paar Tagen befanden!

Nach einem 2 km Hike durch Kaffeplantagen und Schlammweg erreichen wir den namenlosen Wasserfall. Dieser ist so hoch, dass es kaum möglich ist, ihn auf ein Foto zu quetschen. Beeindruckend! An einigen Stellen blubbert heisses Vulkanwasser zwischen den Steinen empor und mischt sich mit dem kalten Wasser des Wasserfalls.

 

Am Abend schlendern Selene, Viviane, Carlos und ich durch die Strassen Catarinas. Erstaunlich wie ruhig und friedlich in Guatemala sein kann!

 

Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von der Familie und fahre mit Carlos zurück nach Xela.  Das waren wohl ein paar erlebnisreiche Tage, genug um die Familie Castillo so richtig ins Herz zu schliessen!